4 einfache Schritte, wie du den Erziehungspartner ins Boot holen kannst

4 einfache Schritte wie du den Erziehungspartner ins Boot holen kannst

Ist dein Erziehungspartner im selben 'Erziehungs-Boot'? Unterstützt er dich und deinen Weg der Kinderziehung? Oder seid ihr vielleicht im ständigen Streit darüber, wie ihr mit dem Verhalten des Kindes umgehen solltet? Damit wärt ihr nämlich nicht wirklich allein. Viele Familien stehen vor der Problematik, dass die Erziehungspartner beim Thema Kindererziehung völlig unterschiedliche bis hin zu total konträren Ansichten haben. Und das stellt sie vor ein durchaus großes Dilemma!

 

Der Erziehungspartner und die Kindererziehung - eine ungeahnte Komplexität im Familienleben

Das Szenario ist in vielen Familien recht ähnlich. Besonders zu Beginn, wenn aus einem 'zu zweit' plötzlich ein 'zu dritt' wird. Idyllische Träume stehen am Beginn dieser Familienreise, doch schnell zeigen sich unterschiedliche Standpunkte zum Thema Kindererziehung.

Und das ist prinzipiell okay. Schließlich bringt jeder Elternteil eine eigene Kindheit mit unterschiedlichsten Erfahrungen und Prägungen mit in die gemeinsame Erziehungsarbeit. Ansichten, Wünsche und Erwartungen an die Familie.

Meist sind es die Mütter, die sich um neue Erziehungswege bemühen, viel Literatur zum Thema lesen und aktiv andere Wege gehen wollen. Dass das nicht auf Anhieb reibungslos klappt, sondern geübt werden will, gießt zusätzlich Öl ins 'Erziehungs-Feuer'.

Vielfach verwandelt sich jede kleine Situation in großen Streit und das Familienleben wird mühsam und anstrengend. Der Zauber der Familienidylle ist schnell mal weg!

Recht rasch wird den Vätern die Erziehungskompetenz abgesprochen und die Mütter (seitens der Kinder) zum 'sicheren Hafen' auserkoren. Was im Umkehrschluss bedeutet:

  •  Mama kann nicht mehr außer Haus, weil sonst ein Familienkrieg ausbricht.

  • Mama muss das Kind ins Bett bringen, denn mit dem Papa funktioniert es nicht.

  • Nur Mama darf dem Kind beim Anziehen helfen, weil der Papa macht es immer falsch.

Elternberichte zeigen, dass Väter in solchen Situationen dann beginnen, länger zu arbeiten, morgens früher in die Arbeit zu gehen und sukzessive die Begegnung mit dem Kind zu vermeiden.

Langsam aber sicher beginnt alles zu bröckeln. Die Beziehung und Bindung zwischen dem Papa und dem Kind, wie auch die Beziehung zwischen den beiden Erziehungspartnern.

Vielfach fühlt es sich so an, als hätte man noch ein zusätzliches Kind im Haus (und ja, das bekam Jesper Juul bei seinen Vorträgen vielfach als Antwort, wenn er Mütter fragte, wie viele Kinder sie denn hätten: 2 (3, 4, 5) plus meinen Mann. 😅

Und ich möchte hier sehr klar sein. Auch in meiner eigenen Familie war nicht immer alles 'happy'. Mein Erziehungspartner war in Sachen Kindererziehung nicht immer im selben Boot. Besonders zu Beginn unserer Familienreise.

Es gab viele Auseinandersetzungen in bestimmten Familiensituationen.

Und ich möchte behaupten, dass dies bis zu einem bestimmten Ausmaß durchaus normal ist. Wenn es aber wirklich keinen Spaß, keine Leichtigkeit und nur mehr Schuldzuweisung und negative Stimmung in der Familie gibt, dann dürfen wir aktiv werden!

 

4 einfache Wege, den Erziehungspartner beim Thema Kindererziehung ins Boot zu holen

Erziehungspartner müssen nicht zu hundert Prozent auf einer Erziehungslinie sein. Wenn sich Mütter in die unterschiedlichen Erziehungsthemen einlesen und über Bedürfnisorientierung, Attachment Parenting, Unerzogen & Co lesen, dann erscheint vieles sehr logisch und wollen alles sofort umsetzen.

Die Erziehungspartner hinken dann oft hinterher. Es fehlt ihnen meist die Zeit, das Interesse und der Wille, sich mit Erziehungsliteratur und den unterschiedlichen Erziehungsstilen zu beschäftigen. Und schon ist er da, der oft logische Nährboden für Konflikte oder zumindest unterschiedliche Ansichten.

Das Wesentliche ist, das Verbindende zu erkennen und den Fokus vermehrt darauf zu lenken.

Im Grunde beginnt es immer mit der eigenen Haltung. Denn die folgenden 4 Schritte sind einfach - und dennoch nicht immer einfach umzusetzen. Aber sehen wir uns diese 4 Wege genauer an.

Alles startet, wie gesagt, mit DIR.

 

Schritt 1: Du und deine innere Haltung

Die Art, wie wir auf Situationen blicken (und werten) beeinflusst unser Handeln. Wenn wir Veränderungen wollen, ist es viel leichter, unseren eigenen Blickwinkel zu ändern, als das Verhalten unseres Erziehungspartners.

Daher ist der erste und wichtige Schritt, für sich selbst zu entscheiden, was wir wollen und was uns wichtig ist. Und ganz besonders, warum es uns wichtig ist.

Wenn du für dich erkannt hast, dass du bestimmte Elemente aus der Bindungs- und Bedürfnisorientierten 'Kindererziehung' umsetzen willst, dann tu das!

Wenn sich die Kinder streiten oder Wutanfälle haben und du sie deshalb nicht schimpfen oder strafen willst (weil du eben weißt, dass dies weder sinnvoll noch gut ist), dann hole dir Strategien, wie du ruhig bleiben kannst.

Übe diese neuen Strategien MIT deinen Kindern und nutze jede Situation, an bestimmten Rädchen zu drehen, bis es dir eben in den meisten Fällen tatsächlich gelingt, so zu handeln, wie du es dir vorstellst.

Lege den Fokus auf Mini-Fortschritte und freue dich jedes Mal bewusst darüber, wenn dir wieder etwas gut gelungen ist. Und sei es auch nur ein: diesmal bin ich schon 10 Minuten ruhig geblieben, bevor ich selbst ausgeflippt bin!

Dein Erziehungspartner macht da nicht mit? Oder macht es aus deiner Sicht komplett falsch und verschlimmert die Lage nur? Bleibe bei dir und erinnere dich daran, dass du selbst ja auch im 'Learning by doing' bist.

 

Schritt 2: Vertiefe deine Beziehung zum Erziehungspartner

Der beste Weg, dem Erziehungspartner zu helfen, ins selbe Erziehungs-Boot zu kommen, ist, die Beziehung zu bestärken, wenn es gerade mal NICHT um Erziehungsthemen geht.

Und das lässt sich bei allen Lebens-Beziehungen anwenden, wo du der Meinung bist, diese Beziehung sei nicht mehr zu retten!

Am besten mit kleinen symbolischen Gesten, wie:

  • dem anderen eine Tasse guten Kaffee/Tee zu bringen

  • sich mit einer Umarmung dafür zu bedanken, dass der Partner die Einkaufstaschen ausgeräumt hat

  • eine Berührung an der Schulter

  • fragen, wie es in der Arbeit war (und dann auch wirklich aktiv zuhören)

  • danke, dass du mir ein Glas Wasser gebracht hast 🤗

Kleine Gesten, die mit einer Herzlichkeit einhergehen können und welche die Beziehung in kleinen Schritten vertiefen können, auch wenn es in anderen Bereichen unterschiedliche Ansichten gibt.

Erinnere dich dran, dass der Alltag ziemlich turbulent sein kann - nicht nur für dich. Versuche die Beziehung zu vertiefen, wenn ihr gerade NICHT im größten Stress seid, sondern wenn ihr relativ ausgeglichen oder ruhig seid.

In diesen Momenten sprich nicht über die Kinder oder deren Verhalten ... nutze diese Zeit wirklich, um die Beziehung zu deinem Partner zu stärken und alles andere auszublenden.

Erkenne die kleinen Fortschritte, die es zu feiern gilt und legen den Fokus auf das wirklich positiv hervorsticht - und da gibt es immer etwas zu finden!

Eine kleine Liebesnotiz zwischen dem Pausensnack oder ein kurzer Anruf zwischendurch, um sich für die Unterstützung im morgendlichen Chaos zu bedanken - all das wirkt.

 

Schritt 3: Verständnis entwickeln

Vielleicht ist dein Partner wirklich schlecht im 'sich in andere hineinversetzen' oder im Mitgefühl zeigen. Eine Fähigkeit, die gerade bei Kleinkindern eine unerlässliche Elternkompetenz ist.

Kritik und Vorwurf sind dann schnell mal ausgesprochen: Wie kannst du das NICHT können!

Es ist ganz wichtig zu erkennen, dass wir meist eine andere Reise hinter uns haben, als unsere Erziehungspartner. In den (immer noch) meisten Fällen, sind wir Mütter nach der Geburt mit dem Kind zusammen und entwickeln mit ihm gemeinsam unsere 'Eltern-Kompetenzen'.

Die Partner haben oft ihre eigenen Probleme aus der eigenen Welt:

  • Stress in der Arbeit

  • Hohe Verantwortung 'gut für die Familie zu sorgen'

  • Selbstwert-Themen (Bin ich ein guter Vater? Bin ich ein guter Partner?)*

  • Eigene sensorische Herausforderungen

  • Triggerpunkte und alte Muster aus der eigenen Kindheit

Und das ist alles sehr subjektiv.

Sehr oft sieht es im Familienalltag so aus, wie der von Tamara: Der Erziehungspartner kommt von der Arbeit nach Hause, will erst mal ausruhen und vom Tag abschalten. Als Mutter, nach einem ganzen Tag Kinder betreuen, Termine organisieren und Haushalt, will sie einfach nur, dass der Partner übernimmt und sie ein bisschen Luft und Pause von all dem bekommt.

Der Tag mit den Kindern ist anstrengend, weil sie durchaus sehr fordernd sind in ihren Bedürfnissen und Wünschen (und sie zweifelt oft sehr an ihren eigenen Mama-Kompetenzen). Sie bräuchte seine Unterstützung ganz besonders am Ende des Tages wirklich sehr!

Und da kommt ihr Partner nach Hause und verhält sich so, als würde er nun auch noch 'betreut' werden wollen. Das triggert!

Indem Tamara ihren Blickwinkel aktiv veränderte, konnte sie verstehen, dass auch ihr Partner total müde und fertig von der Arbeit kommt und ein wenig Druck herausnehmen muss, bevor er wieder aktiv und positiv mit den Kindern sein kann.

Anstatt sich zu ärgern, machten sie gemeinsam - auch mit den Kindern - einen Plan, wie sie diese Heimkomm-Situationen anders gestalten könnten, sodass diese Situation kein großer Aufreger mehr für die Familie wurde!

Und während das vielleicht nicht unbedingt bedeutet, dass sie in allem die gleichen Erziehungsansichten haben - in dieser Situation sind ALLE im gleichen Boot.

 

Schritt 4: Bestärke deinen Partner im Bereich Kindererziehung

Das ist so ein Punkt, der bei vielen nicht so beliebt ist.

Es klingt im ersten Moment ein wenig widersprüchlich, den Partner zu bestärken, wenn er doch so vieles anders ('falsch') macht, stimmt's? Dieser Schritt ist anfangs auch echt schwer umzusetzen.

Es ist echt schwer, sich in einer Situation auf die Zunge zu beißen und NICHT gleich 'korrigierend' einzuschreiten, wenn der Erziehungspartner vom Verhalten des Kindes getriggert, folgende Sätze von sich gibt:

 
  • So gehst du nicht mit deiner Schwester um! Ich zähle bis 10 und wenn du dann nicht sofort aufhörst, gibt's eine Auszeit!

  • So redest du nicht mit deiner Mutter! Wo bleibt dein Respekt!

  • Wenn du damit nicht sofort aufhörst, streichen wir deine Geburtstagsgeschenke!

  • Geh' sofort auf dein Zimmer und beruhige dich! Und wenn du merkst, was du falsch gemacht hast, darfst du wiederkommen.

 

Bei solchen Sätzen regt sich mit Sicherheit die Löwenmama in dir und du willst einschreiten, um den Kindern die Ungerechtigkeiten dieser Situationen zu ersparen.

Aber es ist das beste, IM Akutfall, nicht viel dazu zu sagen (AUSSER: wenn jemand in Gefahr ist, dann musst du natürlich alles tun, um die Beteiligten zu schützen!)

"Was? Ich soll in dem Moment nichts sagen und auch nicht korrigieren? Wie soll das gehen?"

Ja, ich weiß, wie schwer das ist! Aber warum sollten wir IM Akutfall, also in dem Moment nicht viel sagen? 👇

 

Die Trigger nicht zusätzlich reizen

Die Aussagen von oben lassen ja schon erahnen, dass der Partner getriggert ist und bereits stark emotional reagiert. Das 'Vernunftsgehirn' ist in dem Fall nicht mehr zugänglich und egal, was wir sagen, es kommt im rationalen Teil des Gehirns nicht an.

Indem wir etwas sagen (= kritisieren), werfen wir uns buchstäblich zwischen die Fronten und sind gezwungen Partei zu ergreifen (und nun ja ... sehr wahrscheinlich ergreifen wir ja die Partei des Kindes). Und damit schaffen wir eine 'wir gegen den Partner'-Situation.

Also im Akutfall halten wir uns eher raus ... erst, wenn alle wieder ruhig und gelassen sind, besprechen wir die Lage nach. Und auch hier dürfen wir sehr auf unseren Kommunikationsstil achten.

Ermögliche dem Partner damit, Fehler zu machen ... und daraus zu lernen.

Wenn wir (zu oft) wie die Autoritäten dazwischenfahren, fühlt sich der Partner mit der Zeit machtlos, unfähig und so als ob er 'eh nie was richtig machen kann'. Das verschlechtert wiederum eure Beziehung.

Wenn wir die ersten 3 Schritte mit diesem Schritt 'Bestärken' verbinden - und zwar bestärken im richtigen Moment, nämlich dann, wenn die Wogen wieder geglättet sind - ist es viel einfacher logische und vor allem konstruktive Gespräche zu führen und Situationen zu besprechen.

Du weißt, Vorleben ist wirksamer als Vorreden! Wenn du dich hauptsächlich darauf konzentrierst, herausfordernde Familiensituationen so zu lösen, wie du sie gerne lösen möchtest, wird dir das auch mehr und mehr gelingen.

Je öfter dir dies gelingt, desto routinierter wirst du und die Erfolgsgefühle färben ab - dein Partner wird sich diese Strategien von dir abschauen und Situationen nach und nach ähnlich lösen.

Weiters steigt deine 'Glaubwürdigkeit', wenn dein Partner beobachten kann, dass 'deine Wege' Familiensituationen zu lösen, auch oder sogar noch leichter und einfacher zum Ziel führen.

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