In vielen Familien spielen sich derzeit größere oder kleinere Dramen ab. Wenn es einem Geschwisterkind schlecht geht und es dadurch das andere extrem nervt, betrifft das die ganze Familie. Das Familienleben ist auch in normalen Zeiten ein ständiges Auf und Ab, weil Kinder erst über längere Zeit lernen, wie sie ihre Bedürfnisse stillen können, ohne dabei übergriffig zu werden…und ehrlich gesagt, genauso ist es auch bei uns Eltern.
Jetzt in der Corona-Stayathome-Zeit ist es also nicht verwunderlich, wenn viele Familien einem brodelnden Vulkan ähneln, der jederzeit auszubrechen droht.
In diesem Beitrag liste ich dir 5 hilfreiche Routinen auf, mit denen du es schaffst, den Geschwisterkindern (und der gesamten Familie) gut durch diese Zeit zu helfen.
Unterschiedliche Bedürfnisse, Erwartungen und Ansichten innerhalb der Familie führen notgedrungen zu Reibereien.
Kein Wunder, dass uns irgendwann der Geduldsfaden reißt, noch dazu, wenn wir plötzlich und erwartet für so lange Zeit zu Hause in einer Art Quarantäne „zusammenkleben“. Doch weder Schreien, Schimpfen noch die Androhung von Konsequenzen (oder Strafen) hilft dabei, die entsprechenden Bedürfnisse zu decken, welche das Kind ursprünglich dazu brachten, solch „nerviges“ Verhalten zu zeigen.
Glücklicherweise gibt’s da einfache und bessere Wege. Hier sind 5 Familienroutinen, die du (nicht nur in der Corona-Zeit) in deinen Familienalltag einbauen kannst, um Gefühlen Raum zu geben, Bedürfnisse zu stillen und die Geschwisterbeziehung zu stärken.
5 hilfreiche Routinen für mehr Friedlichkeit zwischen Geschwisterkindern
1. Achte auf genügend Rückzugsmöglichkeiten
Durch die Notwendigkeit, in Corona-Zeiten zu Hause zu bleiben, verbringen wir viel Zeit miteinander auf teilweise engem Raum und Konflikte sind vorprogrammiert. Jedes Familienmitglied braucht Zeit für sich selbst, um seine Batterien wieder aufladen zu können und Reize zu verarbeiten. Nicht nur die Introvertierten unter uns, sondern auch die eher extravertierten Familienmitglieder, obwohl diese vielleicht nicht so viel davon benötigen. Ohne diese Ruhephasen werden Kinder überreizt, was in Folge natürlich zu Streitigkeiten und gegenseitigem Ärgern führen kann.
Hilfreiche Punkte dabei sind:
- Hilf deinem Kind, die passenden Worte zu nutzen, um die eigenen Grenzen aufzuzeigen und sich vom gemeinsamen Tun mit dem Geschwisterkind zu lösen: „Ich spiele wirklich super gerne mit dir, aber ich fühle mich grade etwas schlecht und jetzt lieber alleine sein. Spielen wir später wieder zusammen?“
- „Dolmetsche“ dein Kind, indem du das Geschwisterkind ablenkst: „Deine Schwester hat dich so lieb und liebt es mit dir zu spielen, aber jetzt möchte sie gerne etwas alleine lesen. Was möchtest du denn mit MIR spielen?“
- Achte darauf, dass jedes Familienmitglied sich an einen „Ruheort“ zurückziehen kann, wenn er benötigt wird. Wenn dein Heim groß genug ist, wird jeder sein eigenes Zimmer haben. Steht dir wenig Raum zur Verfügung, dann erklärt eine Ecke oder einen bestimmten Bereich in der Wohnung zum „Ruheplatz“ – das kann eine Höhle aus Polster und Laken sein.
- Nutzt Kopfhörer zum Musikhören, Filme schauen oder auch für Hörbücher, wenn ihr unterschiedliche Geschmäcker habt und in unterschiedlichen Launen seid.
- Ganz nützlich ist eine grobe Tagesstruktur. Plane hier großzügig Ruhezeiten oder Alleinzeiten für jeden ein.
2. Achte auf sozialen Austausch auch ohne persönliche Treffen
Viele Kinder vermissen den Austausch mit ihren Freunden. Sie vermissen das Spielen mit ihrer Freundesgruppe oder das Geplänkel in den Schulpausen. Für manche ist das Spiel mit Geschwisterkindern bereichernd, da jetzt viel Zeit und Möglichkeit dafür da ist. Unterschiedlich gestrickte Geschwister gehen sich aber auch schnell auf die Nerven und sie sehnen sich nach ihren Freunden.
- Unterstütze dein Kind dabei, sich online mit seinen Freunden zu treffen. Dazu gibt es unzählige technische Möglichkeiten (Skype, WhatsApp Video, Zoom, Hangouts….) Ältere Kinder können sich selbständig zu Online-Playdates treffen und sich sogar auf diversen Lernplattformen miteinander austauschen.
- Investiere etwas mehr Zeit mit den Kindern, wenn sie gemeinsam spielen, um lenkend einzugreifen, zu „dolmetschen“ und Konflikten vorzubeugen.

3. Hilf beim Ausbalancieren individueller Bedürfnisse
Deine Kinder haben womöglich sehr unterschiedliche Bedürfnisse, daher ist es äußerst hilfreich, wenn du ihnen beim Sichtbarmachen dieser Unterschiede hilft, ohne das eine oder andere Kind schlecht dastehen zu lassen. Das kann beispielsweise so aussehen:
- „Wow, du bist ja schon so voller Energie heute Morgen! Deine Schwester scheint noch ein wenig Ruhe zu gebrauchen und will noch nicht mit dir spielen. Wollen wir beide in der Zwischenzeit ein paar Hampelmänner im Wohnzimmer machen oder eine Runde in den Garten gehen? Mit deiner Schwester kannst du dann später spielen, wenn sie fertig aufgewacht ist.“
- Wenn ein Geschwisterkind das andere stört und du den Verdacht hast, dass sie einfach nur gelangweilt sind, dann hilf ihnen kreativ zu werden: „Ist euch beiden langweilig? Wie wärs, wenn ihr euch aus dem Langeweile-Topf etwas raussucht oder von unserer „Liste für langweilige Zeiten“ etwas aussucht?“ Vielleicht brauchen sie aber auch nur etwas mehr Nähe von dir: „Euch ist gar nicht langweilig?! Ich denke dann brauchen wir alle mal eine Riesen-Umarmung, damit es uns wieder gut geht!“.
- Wenn ein Kind mehr mit dem Geschwisterkind unternehmen möchte, als dem Geschwisterkind lieb ist, dann lenke die Aktivitäten zu einer Tätigkeit, die im Normalfall beiden Kindern gut gefällt und wo beide Spaß dran haben. Achte nach dieser gemeinsamen Aktivität, ob eines der Kinder nun Alleinzeit braucht oder ob beide noch zufrieden sind, um gemeinsam weiterzuspielen.
4. Vermindere Geschwisterrivalität, indem du ihnen beim Erlernen sozialer Fähigkeiten hilfst
Ganz egal, wie lieb sich die Geschwister haben, es gibt immer wieder Phasen, in denen sich ein Kind denkt, dass wir Eltern das andere Kind mehr lieben. Besonders in Spannungszeiten, wie eben eine Krise sie darstellt, kommen diese Eindrücke noch verstärkt hervor. Du kannst dem entgegenwirken, indem du jedem Kind das Gefühl gibst, einzigartig zu sein. Vermeide vergleichende Aussagen, mit denen du unabsichtlich die Rivalität förderst. Vermeide es auch bei Geschwisterkonflikten, Partei für ein Kind zu ergreifen, sondern bleibe in der unparteiischen Mediatorrolle (In meinem kleinen Geschwister-1x1 findest du 8 Tipps, um die Geschwisterliebe zu fördern und Konflikte zu minimieren >>). Das alles sind gute Gelegenheiten, um deinem Kind vorzuleben, wie Auseinandersetzungen friedlich und konstruktiv gelöst werden können.
- Quality-Time mit jedem Kind allein ist jetzt so wichtig, wie nie, damit jedes Kind das Gefühl hat, gesehen und akzeptiert zu sein, sich gut mit dir verbunden fühlt. Gemeinsames Kuscheln am Abend oder beim Aufwachen, gemeinsame Ruhezeit oder ein paar Minuten beisammensitzen sind günstige Gelegenheiten dafür.
- Die einzelnen Wünsche jedes Kindes zu verbalisieren, ohne sie zu bewerten ist hilfreich, und verhilft den Geschwistern, die Sicht des anderen einzunehmen: „Es schaut so aus, als ob DU jetzt deine Musik abspielen und dazu tanzen möchtest und DU möchtest lieber in Ruhe dein Buch lesen. Hm, das ist eine knifflige Situation. Wie könntet ihr das jetzt lösen, habt ihr Ideen?“
- Wenn es zwischen den Geschwistern zu knistern beginnt und die Spannung steigt, schreite ein, noch bevor es zu Handgreiflichkeiten kommt: „Wow, ihr seid ja gerade mächtig wütend aufeinander…erzählt mir und einander, was euch gerade stört, aber haut euch nicht.“
- Anstatt schimpfend oder belehrend einzuschreiten, wenn ein Kind vom anderen beleidigt wird, hilf deinem Kind dabei, für sich selbst einzustehen und klar auszudrücken, was es nicht möchte: „Ich höre einiges, was dich wirklich beleidigen könnte. Sag deinem Bruder in solchen Fällen „Ich möchte nicht, dass du solche Wörter zu mir sagst, das gibt mir ein schlechtes Gefühl!“
5. Unterstütze die Kinder bei großen und überwältigenden Gefühlen
Wenn dein Kind grundsätzlich schlechtgelaunt ist und mürrisch oder niedergeschlagen wirkt, dann durchlebt es offensichtlich gerade eine harte Zeit. Kinder haben feine Antennen und nehmen die Spannung um sie herum sehr wohl auf, auch wenn ihnen das nicht so bewusst ist. Solltest du selber Sorgen und Ängste aufgrund der Corona-Zeit haben, dann überträgt sich das in gewissem Maße auch auf dein Kind. Das setzt sich als Spannungen und unbewusste Ängste fest und zeigt sich dann logischerweise auch im Verhalten.
Folgende Maßnahmen helfen dabei, Spannungen abzubauen:
- Raufen oder Herumbalgen am Teppich reduziert Stresshormone und kann bei kleineren und größeren Kindern als tägliche Routine viele Spannungen im Alltag lösen. Achte auf die Grenzen deines Kindes und lege den Fokus auf das Spielerische und darauf, dass ihr ins Lachen kommt. Das stärkt die Bindung zwischen dir und den Kindern.
- Sprich die Bedenken deines Kindes in Bezug auf die Corona-Pandemie an. Rationale und möglicherweise irrationale Ängste bei einer vertrauensvollen Bezugsperson an- und aussprechen zu dürfen, versetzt dein Kind in eine bessere Lage. Es lässt Ängste verschwinden oder macht sie zumindest kleiner und lösbar.
- Erinnere dich daran, dass Kinder unsere Gefühle mitbekommen. Wenn wir mit unserem Partner streiten oder ständig unter großer Anspannung stehen, dann stresst das auch die Kinder. Übernimm die Verantwortung für das, was du ausstrahlst und sorge gut für dich, damit du entspannt bist.
- Vermeide es, zu viele Nachrichten oder Hiobs-Botschaften in Gegenwart der Kinder anzusehen. Sie bringen unnötigerweise Spannung und Angst in die Familie.
Wir dürfen bedenken, dass Kinder in ihrer Entwicklung noch sehr emotional an Dinge herangehen. Auch für uns Erwachsene sind es ungewohnte und angespannte Zeiten und es ist ganz natürlich, wenn wir alle etwas mehr unter Druck stehen als gewohnt. Das bedeutet aber auch, dass sich Konflikte und Auseinandersetzungen ganz logischerweise häufen. Die vorgestellten Maßnahmen und Routinen verhelfen euch als Familie dazu, diese Zeit gemeinsam gut zu meistern.
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