Wie spreche ich mit meinem hochsensiblen Kind darüber? Viele Eltern befinden sich bei diesem Thema in einem kleinen Dilemma, weil sie nicht wissen, wie sie da herangehen sollten.
Gerade wenn Eltern erst entdeckt haben, dass es so was wie Hochsensibilität gibt, stellt sich oft recht rasch die Frage: Wem sag ich’s?
In diesem Artikel gebe ich Tipps zur Entscheidungshilfe und gehe auf wichtige Faktoren ein, die zutreffen sollten, bevor du mit deinem Kind oder dem Umfeld über das Thema Hochsensibilität sprichst!
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Anlassgebend für diese Frage sind für viele Eltern verschiedenen Szenarien wie folgende:
„Mein Kind wird demnächst eingeschult – soll ich mit den Lehrern über Hochsensibilität sprechen?“
oder
„Ich fürchte mich jetzt schon vor der Eingewöhnung im Kindergarten! Mein Sohn wird mir nicht vom Rockzipfel weichen, es wird ihm alles zu laut sein und er wird nie mehr dorthin gehen! Wie krieg‘ ich die Kindergartenpädagogen dazu, ihn nicht zu sehr unter Druck zu setzen?“
oder
„Die Großeltern sind der Meinung, daß wir uns ein Tyrannenkind heranziehen, weil wir unser Kind zu vielem nicht zwingen wo sie meinen, dass man da als Eltern schon einen raueren Ton anschlagen muss!“
In meinem Eltern-Mentoring-Programm, der SMART ACADEMY >>, gibt’s dazu ein ganzes Modul, das gespickt ist mit Informationen, wie du mit Pädagogen, mit Lehrern, mit Erziehern sprechen kannst, aber ich möchte dir hier ein paar Tipps frei Haus mitgeben.
Bist du schon in der Akzeptanz-Phase oder noch in der Verteidigungs-Phase?
Gibt es die EINE Methode?
Nein! Wie in vielen Situationen des allgemeinen Familienlebens gibt es natürlich auch hier keine eindeutige Antwort, weil es immer auf die individuelle Situation ankommt.
Und es hängt auch stark davon ab, wie tief du dich schon mit Hochsensibilität auseinandergesetzt hast.
Und ob du schon, wie ich es definiere, in der „Akzeptanz-Phase“ bist, oder du noch sehr in der „Verteidigungs-Phase“ bist.
Aber ein paar generelle Punkte kann ich durchaus anführen:
- Habe ich genügend Zeit, das Thema (notfalls) ausreichend gut zu erklären? In einer Tür und Angel-Situation würde ich generell gar nicht darüber sprechen, weil man damit eher mehr falsch machen kann. Wenn ich selbst und das Gegenüber keine Zeit haben, das Thema grundlegend zu besprechen, dann ist kein Rahmen dafür da und dann lässt man’s lieber bleiben.
- Ist mein Gegenüber offen für Neues oder ein eher konservativ-denkender Mensch? Wird mein Kind eventuell in eine (negative) Schublade gesteckt? Das ist tatsächlich ein Punkt, der für mich im schulischen Umfeld oft dagegen spricht, wo ich sehr vorsichtig bin, ohne Anlass das Thema Hochsensibilität auszupacken. Das Thema wird zwar schon etwas bekannter, die meisten beschäftigen sich aber gar nicht in der Tiefe damit und von vielen wird es als Hype betrachtet oder als „Modediagnose“. Gerade, wenn ich ein gutes Gefühl bei der Schulwahl habe, würde ich eher mal abwarten.
- Eher mit Verhaltensmerkmalen statt mit Fachbegriffen arbeiten? Wenn es dann notwendig ist, würde ich auch eher mit den Verhaltensmerkmalen arbeiten als mit Fachbegriffen. Ein Beispiel: wenn der Lehrer meint, das Kind sei unaufmerksam und unkonzentriert und ich (gemeinsam mit dem Kind feststelle), dass das Kind in der letzten Reihe sitzt und es von Geräuschen abgelenkt wird – dann kann ich dem Lehrer konstruktiv vorschlagen, dass das Kind nach vorne gesetzt wird, weil vielleicht auch das Kind selbst darin eine Verbesserung sehen würde. Das meine ich mit konstruktiv - weil ich über die erhöhte Reizaufnahme und damit verbundene mögliche Ablenkbarkeit weiß. Aber diese Fachbegriffe nicht beim Gegenüber erwähnen muss, sondern aufgrund dessen eine Lösung vorschlagen kann.
- Vermute ich, dass das Gegenüber auch hochsensibel sein könnte und von Hochsensibilität weiß? Dann spricht sich’s natürlich schon viel einfacher darüber und es kommt dann eigentlich nur mehr drauf an, ob diese Person schon in der „Akzeptanz-Phase“ ist oder nicht. Wenn nicht, dann kann es durchaus sein, dass diese Lehrerin, dieser Lehrer noch mit der „Da muss man aber durch-Haltung“ auf das Thema blickt. Dabei werden verschiedene Verhaltensmerkmale von Hochsensibilität eher als Schwäche ausgelegt, die es wegzutrainieren gilt, als dass sie Anlass für konstruktive Änderungen wären, die das Kind auch unterstützen.
- Ist sonst noch jemand anwesend? Das eigene (hochsensible) Kind, Geschwisterkinder oder jemand, der das Gesagte missverstehen könnte? Auch da würde ich sehr darauf achten, dass hier Dinge nicht falsch verstanden werden könnten. Wenn ich mit meinem Kind noch gar nicht darüber gesprochen habe, kann es sein, dass mein Kind das missversteht, wenn ich in seinem Beisein mit anderen über „seine Hochsensibilität“ spreche.
Muss ich mit meinem Kind darüber sprechen?
Ich bin ja der Meinung, jedes hochsensible Kind früher oder später merkt, dass es sich von anderen Kindern unterscheidet. Entweder,
- weil es nur mit Gleichaltrigen zu tun hat und merkt, dass es sich mit den meisten davon nicht versteht, z.B. weil es mit ihnen nicht wirklich zufriedenstellend kommunizieren kann, sich besser mit älteren Kindern versteht, weil es Themen gerne tiefer diskutieren möchte...
- weil es vielleicht eher außergewöhnliche Interessen hat, die andere nicht haben und es den anderen dadurch auf die Nerven geht
- weil es sich sehr stark in andere einfühlen kann, auch die Sorgen und Ungerechtfertigkeiten verstärkt aufnimmt, und dadurch weinerlicher wirkt als andere
- weil es schon sehr früh soziale Zusammenhänge und Situationen einfach gut analysieren kann, und sich wundert, warum ganz logische Dinge von anderen kaum bemerkt werden – auch nicht von Erwachsenen.
An irgendeinem Punkt kommen Kinder sowieso drauf, dass sie anders sind und daher ist es ratsam, dass wir mit unseren Kindern offen und positiv darüber sprechen. Und dazu ist es notwendig, dass wir selbst schon mal eine positive Einstellung darüber haben!
Wenn wir selbst noch gar nicht an dem Punkt sind, dass wir positiv auf das Thema Hochsensibilität blicken können, wenn wir das Thema noch eher als „Bürde“ sehen, dann würde ich eher sagen, arbeite zuerst DARAN, bevor du mit deinem Kind darüber sprichst, weil du sonst deinem Kind diese negative Sichtweise mitgibst!
Das ist die EINE wichtige Botschaft, die ich hier transportieren möchte: Wenn du dir noch unsicher bist, wie du dem Thema Hochsensibilität gegenüberstehst, dann werde dir erstmal klar darüber - hole dir das Wissen, das du brauchst, integriere das in deinen Alltag und dann, wenn du die Klarheit hast, dann erst besprich das Thema mit deinem Kind oder dem Umfeld.
Was passiert, wenn wir das nicht machen?
Wenn wir zu früh über das Thema mit anderen sprechen oder wenn wir vielleicht noch in der „Verteidigungs-Phase sind, dann haben wir nach außen hin eine bestimmte Wirkung:
- Konfus: wir sind uns selbst noch nicht klar, was wir genau meinen und wirken nach außen eher konfus.
- Nicht wirklich stimmig: unsere Aussagen sind "schwammig", wir sind verunsichert und wirken nicht authentisch.
- Wir vermitteln das Gefühl, dass wir eher „das Opfer“ sind, und uns Mitleid von anderen wünschen.
- Wir vermitteln auch das Gefühl, dass wir möchten, dass sich alle anderen auf uns oder unser Kind einstellen und alle auf uns Rücksicht nehmen müssen.
- Wir kommen sehr "missionarisch" rüber, so als ob wir alle überzeugen wollten, unsere Botschaft anbringen wollen.
- Schwäche: sehr oft vermitteln wir dadurch Schwäche, oder dass Hochsensibilität ein Nachteil ist.
Unsere Kinder wollen mit Sicherheit nicht als schwach dargestellt werden oder als bemitleidenswert oder als der unbedingte Fokus des Universums. Daher ist dieser Schritt, bereits in der "Akzeptanz-Phase" zu sein, meiner Meinung nach unbedingt notwendig.
Worauf solltest du noch achten?
Berücksichtige das Alter des Kindes und überhäufe es nicht mit Informationen, die es noch nicht verstehen kann, sondern sprich alters- und kindgerecht darüber.
Wenn sich so ein Gespräch noch nicht ergeben hat und es dir noch nicht notwendig erscheint, kannst du abwarten, bis das Thema von selbst aufkommt. Nimm' dann eine Gelegenheit zum Anlass, um darüber zu sprechen.
Die Gefahr besteht nur dann, wenn du mit anderen Personen über den hochsensiblen Wesenszug deines Kindes sprechen musst, bevor du es deinem Kind sagen kannst und dein Kind von anderen einen negativen Eindruck über Hochsensibilität bekommt.
Ich hoffe, ich konnte dir ein paar wesentliche Punkte mitgeben, die dich zum Nachdenken anregen, die dir weiterhelfen, wenn du gerade vor der Entscheidung stehst, ob du und wem du was sagst.
Wie immer kommt es auf die Klarheit an, die wir selbst als Eltern haben und wir gönnen es uns oft zu wenig, Zeit und Energie in die Erlangung dieser Klarheit zu investieren.
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