Was PädagogInnen über Hochsensibilität wissen sollten

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Was PädagogInnen über Hochsensibilität wissen sollten

Hochsensible Schulkinder haben aufgrund ihrer erhöhten Wahrnehmungsfähigkeit bereits bevor der Unterricht beginnt, viel mehr Reize aufgenommen als nicht-hochsensible Kinder:

  • denken wir an die Fahrt mit dem Schulbus in die Schule,
  • oder den Fußweg dorthin mit Ampeln oder Kreuzungen,
  • der Lärm inmitten einer Kindermenge bis die Schule öffnet,
  • Trubel und Durcheinander beim Aus- und Anziehen in der Garderobe und schließlich
  • das Geplapper im Klassenraum, bis die Stunde beginnt.

Hatten Kinder noch dazu eine schlechte Nacht (und durchaus viele hochsensible Kinder haben öfter schlechte Nächte), dann sind sie bereits ziemlich nah an der Grenze zur Überreizung und es ist erst früher Morgen!

Kinder verbringen tagtäglich einen langen Zeitraum in Fremdbetreuung:  in der Ganztagsschule, im Hort, in diversen Freizeitbetreuungen, wo jeweils wieder andere Regeln gelten, an die sich die Kinder anpassen müssen. Wo wieder andere Reize auf es einprasseln.

Irgendwie ist es doch überhaupt nicht verwunderlich, dass hochsensible Kinder dann zu Hause nicht mehr kooperieren - sie können oft nicht mehr! Sie sind dann entweder total gereizt und aggressiv oder gehen ins andere Extrem und wollen nur ihre Ruhe.

Wenn Kinder aber ein Umfeld vorfinden, indem sie sich sicher und wohlfühlen, wo überreizte Kinder sich zwischendurch entspannen und "ent-reizen" können, dann verläuft der Schulalltag für alle ganz anders.


Was PädagogInnen und Lehrkräfte über Hochsensibilität wissen sollten - 5 Tipps

1. Gehen Sie davon aus, dass in Ihrer Klasse mind. 1-2 hochsensible Kinder sitzen

Wir können davon ausgehen, dass 15-20 % der Bevölkerung über eine erhöhte Informationswahrnehmung und damit verbundenen komplexeren Verarbeitung verfügen - sprich, sie sind hochsensibel.

Damit wäre jedes 5. - 7. Kind in der Klasse hochsensibel. Hochsensibilität ist ein angeborener Wesenszug, der völlig normal ist – es ist keine Störung und auf keinen Fall eine Krankheit.

Viele hochsensible Kinder sind äußerst reflektierend, intuitiv, kreativ und in der Lage vernetzt zu denken. Sie sind oftmals sehr gewissenhaft, haben einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn und sind sehr empathisch. Sie nehmen subtile Veränderungen und die kleinsten Details wahr und verarbeiten diese Reize auf einer vielschichtigen, tieferen Ebene.

Aufgrund dieser Eigenschaften ist ihr Nervensystem leichter überfordert. Sie erwecken vielleicht den Eindruck „schüchtern“ zu sein, dabei sind sie eher beobachtend und vorsichtig. Sie tauen langsamer auf und bilden auch weniger schnell Freundschaften.

Dies ändert sich allerdings rasch, wenn sie sich in der Klassengemeinschaft wohl und sicher aufgehoben fühlen!

2. Arbeiten Sie eng mit den Eltern des hochsensiblen Kindes zusammen

Die Eltern haben ihr Kind bereits durch eine ähnliche Situation begleitet, nämlich die Kindergartenzeit. Sie haben oft Strategien für die Arbeit mit ihm entwickelt und diese Information hilft Ihnen als LehrerIn. Besonders, wenn Sie Probleme mit einem hochsensiblen Kind haben, lohnt es sich, auf Bewährtes aus der Vergangenheit zurückzugreifen.

Weiters brauchen die Eltern Ihr Feedback – hochsensible Kinder sind in einer ihnen vertrauten Umgebung intelligente, kompetente und aufgeschlossene Kinder. Sie zeigen in der Schule anfangs eher nur ihre introvertierte, emotional leicht verletzbare Seite.

Aussagen wie „Ihr Kind ist ja sehr nah am Wasser gebaut“, oder „Es benimmt sich wie eine Mimose“ oder „Es fängt bei jeder Kleinigkeit zu heulen an“ sind den Eltern wahrscheinlich zwar bekannt, verunsichern sie aber nur, weil sie befürchten, dass ihr Kind sich bei Ihnen nicht gut aufgehoben fühlt.

Erlauben Sie hochsensiblen Kindern, sich in ihrem eigenen Tempo in die Klassengemeinschaft zu integrieren. Es kann wirklich Wochen oder Monate dauern, bis sie sich auf das neue Umfeld eingestellt haben. Doch natürlich gibt es auch hier Ausnahmen.

3. Seien Sie kreativ bei der Gestaltung des Unterrichts

Hochsensible Kinder sind sehr kreative Menschen! Sie haben meist eine enorme visuelle Vorstellungskraft und befassen sich gerne mit komplexen moralischen oder emotionalen Themen. Sie schätzen es sehr, wenn man ihnen „auf Augenhöhe“ begegnet. 

Diese Kinder arbeiten gerne in Projekten und entwickeln sich - nach einer gewissen Anlaufphase und wenn sie sich in der Klassengemeinschaft sicher fühlen - zu sehr selbständigen SchülerInnen, die sich ihren Lernstoff selbst organisieren und gut einteilen können.

Richten Sie Ecken im Klassenzimmer ein, in die sich die Kinder zurückziehen können, um selbständig mit Lernmaterialien zu arbeiten. Achten Sie auf eine ruhige Lernatmosphäre und einen niedrigen Geräuschpegel, der allen Kindern, aber insbesondere hochsensiblen Kindern zugutekommt. In unserem Onlinekurs findest du noch mehr praktische Hilfen für den Unterricht.

Gerade in der Phase der Integration sollten Sie es nicht überbewerten, wenn hochsensible Kinder nicht direkt vor der Klasse vortragen, etwas präsentieren oder ein Buch vorstellen wollen. Sorgen Sie allerdings dafür, dass es auch die Möglichkeit für sie gibt, sich zu bewähren – fühlen sich hochsensible Kinder einmal sicher, sind sie später oft sehr eloquente, kreative und lebendige Schüler.

4. Halten Sie sich mit Kritik anfänglich zurück und bauen Sie nicht unnötig Druck auf

Hochsensible Kinder sind oft sehr perfektionistisch veranlagt und sind insgeheim bereits ihr eigener größter Kritiker!

Es reicht vollkommen aus, ein solches Kind in einem wohlwollenden Ton auf Fehler aufmerksam zu machen. Auf jeden Fall sollten Sie Situationen, in denen es sich bloßgestellt fühlt, vermeiden – es verfällt aufgrund des Drucks in einen Stress-Zustand und bekommt den Grund, weswegen es belehrt wird, nicht mit.

Weiters „lesen“ hochsensible Kinder sehr gut zwischen den Zeilen und können Stimmungen anderer Personen und Nicht-Gesagtes oft erspüren.

Im Zustand der Überreizung ziehen sie sich oft zurück und wirken nervös, depressiv oder ängstlich. Einige brechen ganz leicht in Tränen aus oder reagieren gereizt; wiederum andere werden hyperaktiv und unaufmerksam oder aggressiv.

Diesen Situationen sollten Sie mit Empathie begegnen und dem Kind Möglichkeiten aufzeigen, wie es die Überreizung abbauen kann. Danach erst können Lösungen besprochen werden.

Betrachten Sie hochsensible Kinder als „Frühwarn-System“ – sie bemerken Missstände viel früher und geben Ihnen mit ihrem Verhalten Hinweise auf Dinge, die für alle anderen Kinder früher oder später beeinträchtigend wirken.


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5. Sorgen Sie für eine wertschätzende Haltung innerhalb der Klasse

Hochsensible Kinder sind besonders häufig Mobbing-Opfer, weil sie „anders“ sind und sich dadurch von der Masse abheben. Aufgrund ihres emotionalen Verhaltens sind sie oft Ziel von Hänseleien, Schikanen und Verspottung.

LehrerInnen und DirektorInnen tragen hier eine große Verantwortung. Eine Mobbing-Situation entsteht nicht von heute auf morgen, sondern entwickelt sich langsam. Entziehen Sie möglichen Mobbing-Tätern den Nährboden, indem Sie sich ansehen, warum dieses Kind jemanden mobben möchte.

Fördern Sie auf der anderen Seite ein wertschätzendes Umgehen miteinander und integrieren Sie respektvolles Verhalten in Ihren Unterricht. Wenn nötig, holen Sie sich Hilfe von außen, bevor es zu einer Mobbing-Situation kommt.

Geben Sie den Schülern Ihrer Klasse Einblick in die verschiedenen Nuancen der Wahrnehmung und somit die Möglichkeit, die Welt aus der Perspektive eines anderen Menschen zu sehen. Fördern Sie somit Toleranz und Verständnis für Verhalten, das zwar anders, aber dennoch normal ist.


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